Roussillon wird meiner Meinung nach zu recht als eines der Plus beaux villages de France (schönste Dörfer Frankreichs) klassifiziert. Es ist einer der typischen am Berg gelegenen Orte des Regionalen Naturpark Luberon mit verwinkelten Gässchen und engen Straßen, wunderschönen, kleinen Häusern, einem unsymmetrischen Marktplatz, viel Aussicht über Weinberge, Felder, die Hänge des Luberon-Massivs bis zum Mont Ventoux, dem „heiligen Berg“ der Provence, und hier ganz speziell auf die Ockerfelsen. …
Schon die Römer bauten hier Ocker ab und nannten den Ort vicus russulus (rotes Dorf).
Bis zu 20 Farbtöne wurden aus dem Ocker gewonnen, auch wenn das angesichts der Farbvielfalt wenig klingt. Die Farben der Sandsteinfelsen reichen von einem cremigen Weiß mit dunkelroten Schichten durchzogen und Gelbtöne über das typische ockerfarbige Gestein bis zu dunklem Rot. Ocker bezeichnet hier keine Farbe sondern sind tonhaltige (Kaolin), durch Eisenoxyde unterschiedlich gefärbte Erden und Gesteine mit einem Sandanteil von 80 % – 85 %
Auf dem „Sentier des Ocres“, dem Ockerpfad spaziert man durch den ehemaligen Ockerbruch, der seit 2002 in die Liste der Naturdenkmäler Frankreichs aufgenommen wurde.
Die Farb- und Formenvielfalt ist faszinierend, der Weg sehr vielseitig und abwechslungsreich.
Auf verschiedenen, großzügigen und von Bäumen beschatteten Terrassen gibt es viele Informationen zu der Gegend, der Natur und natürlich dem Ocker und der Farbproduktion.
Roussillon bietet zweifellos beeindruckende An- und Aussichten, in einer ungeahnten Farbenpracht und Formenvielfalt und macht Farben und Formen mit allen Sinnen erlebbar. Auf dem Ockerpfand kann man an einzelnen Felsformationen die Farbschichten mit den Fingern ertasten, im Kleinen gibt es die Formen zum erspüren, die die Felsen und Berge und Brüche im Großen darstellen und man kann die Ocker riechen … einzelne Farben riechen unterschiedlich. Gelbliche Töne, Goethit haben eine andere Duftnote als die Roten, Hämatit.
Im Conservatoire des Ocres, der ehemaligen Produktionsstätte Usine Mathieu und seit 1994 eine kulturelle Kooperative wird mit viel Enthusiasmus gezeigt und erlebbar gemacht, wie Ocker hergestellt wurde und wie man ihn benutzt.
Zwischendurch kann man durch Roussillon bummeln. Donnerstags ist dort Markt. In einem der Cafés und Restaurants kann man bei den kulinarischen Köstlichkeiten der Region die Landschaft und das Treiben in einem provencialischen Ort genießen. Man kann in vielen kleinen Geschäften einkaufen, natürlich auch Farben und Malutensilien erstehen. Es gibt die Farben der Provence von kleinsten Mengen zum Ausprobieren bis kiloweise.
Zwischen 1942 und 1945 versteckte sich Samuel Beckett in Roussillon vor der deutschen Wehrmach und verdingte sich als Erntehelfer und Gelegenheitsarbeiter und schrieb nachts an seinem vorerst letzten englischsprachigen Roman Watt. Er setzte der Stadt in seinem Theaterstück Warten auf Godot ein Denkmal.